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Priorisierung – feste Termine, viele Aufgaben und wenig Zeit (Teil 5 / 6)

Liebe LeserInnen,

in den bisherigen Teilen unserer Serie zur DUBBEDOS haben wir den Weg von der Idee bis zu den ersten Kundenfeedbacks aufgezeigt. Nun war der Verkaufsstart terminiert und wir standen vor der Herausforderung, die eigentlich jeder kennt: man muss zu viele Aufgaben in zu kurzer Zeit stemmen.

Im Zusammenhang mit dem agilen Arbeiten begegnet mir immer wieder der Irrglaube, dass man mit agilen Werkzeugen plötzlich schneller arbeiten kann. Das ist nicht ganz unberechtigt, denn immerhin hat Jeff Sutherland, einer der Scrum-Begründer, selbst mit seinem Buch „The Art of Doing Twice the Work in Half the Time“ ein Statement gesetzt, das auf den ersten Blick zu dieser Interpretation verführt.

Ein Team kann nicht plötzlich doppelt so viel in der Hälfte der Zeit umsetzen!

Produktivitätssteigerungen sind im Zusammenhang mit Scrum ganz klar möglich. Aber Achtung: diese sind das Ergebnis aus dem Zusammenspiel der einzelnen Elemente von Scrum, einer sehr disziplinierten Anwendung sowie dem Lernprozess eines langfristig stabilen Teams.

Wir mussten uns also mit unserer Realität auseinandersetzen: die Anlieferung der abgefüllten Dosen und der Start unseres Webshops war für einen festen Termin bereits kommuniziert. Das wiederum bedeutete, dass wir nicht alles realisieren konnten, was noch auf unserer Todo-Liste stand.

Bei Scrum liest man immer wieder von Priorisierung des Backlogs und bei Kanban von der Limitierung paralleler Arbeit. Aber was macht man in der Praxis? Vor allem dann, wenn man in einem Team mit mehreren und sehr berechtigten Meinungen agiert?

Wenn ihr bereits unsere vorherigen Beiträge gelesen habt, dann wisst ihr, dass wir uns gezielt einzelner Werkzeuge aus dem agilen Arbeiten bedient haben. Wir hatten für uns (sehr bewusst) keinen eindeutigen Product Owner ernannt. Dementsprechend mussten wir eine Priorisierungstechnik finden, die

  • uns bei der Frage hilft, was muss unbedingt noch realisiert werden?
  • zu einem Konsens im Team führt und alle Meinungen berücksichtigt.
  • uns möglichst wenig Zeit für Diskussion kostet, denn die wollen wir ja für die Umsetzung nutzen.

Magisches Priorisieren bringt schnelle Ergebnisse im Team.

Wir haben uns für das sogenannte magische Priorisieren entschieden. Das funktioniert folgendermaßen:

  • Zuerst macht man alle Anforderungen transparent, die es umzusetzen gilt. Wir haben diese bei uns im Team auf einzelnen Post its gesammelt und in die Mitte des Tischs geklebt.
  • Anschließend werden die Anforderungen kurz besprochen: jeder hat „seine“ Themen kurz vorgestellt und erläutert, warum diese unbedingt noch vor dem Marktstart umzusetzen sind. Am Ende dieses Schritts sollte jeder alle Anforderungen verstanden haben.
  • Nun wird das Priorisieren vorbereitet. Auf dem Tisch (man kann genauso gut auch eine Wand verwenden) wird links ein Skalenende mit „Wichtiger“ und rechts ein Skalenende mit „Wichtig“ beschriftet. Damit ist klargestellt, dass alle Anforderungen wichtig sind und man muss diese Diskussion nicht erneut führen.
  • Danach folgt das eigentliche magische Priorisieren. Alle Teammitglieder sortieren die Anforderungen auf dem Tisch in einer eindeutigen Linie von links nach rechts. Während dieses Prozesses darf nicht mehr gesprochen werden. Das beschleunigt den Prozess.
  • Falls es Anforderungen gibt, die mehrfach hin und her wandern, werden diese aus dem Prozess genommen. In der Regel sind das nur einzelne Punkte, aber über diese muss danach nochmal separat gesprochen werden.
Magic Prioritisation

Nun kann man kritisieren, dass dieser Prozess keine akademisch genauen Ergebnisse bringt. Das stimmt. Aber er führt zu einem schnellen gemeinsamen Bild im Team und hat uns sehr geholfen. Wir hatten beispielsweise die Diskussion, wie viele Zahlungsarten wir zum Start unseres Webshops anbieten. Natürlich ist es ganz im Sinne des Kunden, möglichst viel Flexibilität zu erlauben. Aber jede weitere Zahlungsart bedeutet im Webshop weitere technische Schnittstellen, weitere Klärungen mit Zahlungsdienstleistern und potentiellen Fehlerquellen. Also haben wir uns für den Start nur für PayPal und Vorauskasse per Überweisung entschieden und die Kreditkartenzahlung auf einen späteren Zeitpunkt priorisiert.

Ein anderes Beispiel war die Anzahl der Designelemente. Für uns war es wichtig, neben dem Webshop auch die Displays für Verkaufsstellen im lokalen Einzelhandel sowie eine Postkarte für unsere Kunden gemeinsam mit unserem Designer zu entwickeln. Aber auch der beste Designer kann nicht zaubern und so haben wir auch in diesem Bereich die ein oder andere Anforderung auf einen späteren Zeitpunkt gelegt.

Mehr Informationen zu den Themen Priorisierung findet ihr in unserem Buch HENDRIK, WIR BRAUCHEN WAS NEUES! ab der Seite 155. Dort sind Instrumente wie Story Map und Product Backlog erläutert.

Im nächsten Beitrag berichten wir dann, wie wichtig es ist, Prozesse bis zum Ende zu beleuchten und damit (böse) Überraschungen vermeidet.

Die DUBBEDOS und den Webshop findet ihr unter https://www.dubbedos.de oder folgt ihr auf Instagram oder bei Facebook.

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